Géza Ákos Molnár 21. Jänner 2015
Warum der Papst es gut und die Kaninenzüchter es schlecht gemacht haben
Zuerst: Was ist geschehen? Dann weiter unten mein Kommentar.
1. Was ist geschehen?
Quelle: Tagesschau.de – nicht mehr aufrufbar
Karnickel ist nicht gleich Karnickel! Was hat der Papst da nur angerichtet? Seinem Ruf als spontaner Redner machte er mit seinem Katholiken-Karnickel-Vergleich mal wieder alle Ehre:
„Manche Menschen glauben – entschuldigen Sie den Ausdruck -, dass sich gute Katholiken wie Karnickel vermehren müssen.“
Na, auch schallend darüber gelacht – oder wenigstens geschmunzelt?
Falls nicht: Könnte es sein, dass Sie Kaninchenzüchter sind? Die fanden den Vergleich nämlich gar nicht lustig, den der Pontifex da mit den kleinen kuscheligen Lieblingen angestellt hat.
Die Aufregung war so groß, dass sich der Präsident des Zentralverbandes Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter, Erwin Leowsky, persönlich zu Wort meldete und klarstellte:
Man darf nicht allen Kaninchen pauschal ein erhöhtes Sexualverhalten unterstellen. Die sexuellen Ausschweifungen träfen nur auf die freilebenden Tiere zu. Die Fortpflanzung bei Zuchtkaninchen verlaufe hingegen in geordneten Bahnen.
Hm, vielleicht weil die Züchter bestimmen, wer mit wem in die Bucht kommt???
Auf jeden Fall hat Oberzüchter Leowsky auch eine Botschaft für den Papst:
Er sollte vielleicht mal darüber nachdenken, solche Redensarten gehen zu lassen und dafür die Verhütung freigeben. Das wäre meiner Meinung nach eher angebracht, als solche dummen Sprüche loszulassen.“
Bei Zuchtkaninchen läuft bei der Fortpflanzung alles in geregelten Bahnen.
2. Mein Kommentar
So! Soweit sogut! So lustig das jetzt auch ist, und so niedlich, weil die Bilder von Kaninchen stimmen einen wirklich gut, trotzdem:
Mich ärgert zunehmend, dass man ja bald gar keine Metapher mehr verwenden darf und keine umgangssprachlich geläufige Wendung aussprechen darf, ohne dass sich irgendwelche Leute melden, die beleidigt, betroffen oder besserwisserisch sind. Du meine Güte!
Liebe Kaninchenzüchter: Ab heute sagen Sie bitte nicht mehr: Die Sonne geht bald unter. Und ab morgen sagen Sie nicht mehr: Die Sonne ist aufgegangen. Der Astronomenverband wird sonst scharf protestieren. Denn unsere liebe Sonne tut beides nicht, sie geht nicht auf und sie geht nicht unter.
Liebe Redner: Ich mag die Rhetorik von diesem Papst. Als Protestant formuliere ich den Grund dafür so: Er hat von Martin Luther gelernt. Der hat gesagt, wir sollen den „Leuten auf’s Maul schauen,“ wenn wir schreiben, reden, unterrichten.
Und der Karnickelsager ist nichts anderes als eben so reden wie das „Volk“ redet. „Wie die Karnickel!“ Ist doch glasklar, dass das kein Zoologievortrag über das Sexualverhalten von Kaninchen war, sondern ein umgangssprachliches Bild, das hilft, die Botschaft zu verstehen und sie sich auch zu merken.
Gut geredet, Papst Franziskus!
Und so reden auch Sie: unerschrocken, unbeeindruckt, unbeirrbar! Guten Mut: Die allermeisten mögen das. Und den wenigen andern kann man’s ohnehin nie recht machen. Daher: machen Sie’s gut!
PS: Den Katholiken zur Ehre: Martin Luther hat Rhetorik vom Heiligen Augustinus gelernt. Und der wiederum vom Apostel Paulus. Und so ist eh alles sehr gut.
Schlagwörter: Papst Franziskus, Augustinus, Rhetorik, Papst, Erwin Leowsky, Martin Luther, Metapher.
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