Die wahre Geschichte von einem kleinen Buben, der …

Géza Ákos Molnár 9. Dezember 2024


Herr Brigadier i.R. Josef Paul Puntigam, dessen beeindruckende Menschenführung ich im sog. Yugoslawieneinsatz 1991 unmittelbar erleben durfte, hat auf facebook folgende wahre Geschichte aus seiner Heimat veröffentlicht. Sie stammt wohl aus seiner Feder. 

Sie ereignete sich im Jahre 1956 in der Südoststeiermark. Sie eignet sich wunderbar zum Vorlesen in besinnlicher Runde, vielleicht bald schon in diesem Advent – wenn Sie möchten.

Die Geschichte geht so

Ein kleiner Junge – er besuchte gerade die 3. Klasse Volksschule – durfte  mit seiner Klasse nach Graz fahren, um dort einen Zirkus zu besuchen.

Die Fahrt und den Eintritt bezahlte die Gemeinde, so konnten alle Kinder – ob arm oder reich – an diesem großartigen Erlebnis teilhaben. 

Die Eltern des kleinen Jungen waren nicht begütert. Die Mutter lag mit einer schweren Halsentzündung und der damit verbundenen  Operation im Krankenhaus. 

Der Vater war mit zwei Buben im Alter von neun und vier Jahren und mit einem Mädchen – gerade  ein Jahr alt – sowie mit den alten Großeltern auf dem Bauernhof alleine. 

Der Bazillus der chronischen Geldklemme grassierte, da die lebensrettende Operation  der Mutter das zusammengesparte Geld dahingerafft hatte. 

Es war November; die Großmutter bat um das Geld für ein paar Gummistiefel. „Leider,“ sagte der Vater, „geht nicht, wir haben kein Geld mehr.“ 

Der Junge hörte aufmerksam hin.

Als der Tag der Zirkusfahrt kam, reichte der Vater dem Jungen eine 5-Schilling-Münze und sagte: 

„Kauf Dir damit eine Wurstsemmel – denn der Tag wird lange werden – und damit Du vor den anderen Kindern nicht so armselig dastehst. Aber gehe sparsam damit um, denn es ist unser letztes Geld.“

Der Junge nahm das Geld und verstaute es tief in seinem Hosensack. 

Die Fahrt nach Graz – die vielen exotischen Tiere, die Kunst der Artisten, das Blödeln des Clowns – alles berührte den Jungen in seiner Phantasie außerordentlich. 

Reich an Erlebnissen fuhr die Schulklasse zurück in den Heimatort. Als sie dort eintrafen, war es schon dämmrig. Der Junge und seine Schulkameraden eilten den Elternhäusern zu.

Der Junge hatte den weitesten Weg. Dieser führte durch einen dichten Wald. Tapfer ging der Junge durch die Nacht und bald sah er den rötlichen Schein der Hoflampe seines Vaterhauses. 

Beglückt, hungrig und müde betrat er die Stube. Vater und  Großeltern saßen um den Tisch – und beteten. Für die Mutter.

Dann gab es für den Jungen einen großen Teller mit Brotsuppe. Der Vater forderte den Jungen auf, von der „Weltreise“ zu erzählen. 

Lang und breit, jedes Detail erwähnend, berichtete der Junge. 

Zuletzt trat er vor den Vater – und übergab ihm die 5-Schilling-Münze.

Dieser war erstaunt, diesen Notgroschen wieder zur Gänze zurück zu bekommen. „Ja, warum hast Du Dir denn keine Wurstsemmel  gekauft?,“ fragte er. 

„Vater,“ sagte der Junge, „in so einer Situation müssen wir alle sparen und zusammenhalten. Daher habe ich auf die Wurstsemmel  verzichtet. Vielleicht kann man der Großmutter dafür neue Gummistiefel kaufen?“

Der Vater umarmte ganz fest den Jungen – und der Schimmer tiefer Rührung trat in seine Augen. 

Die Jahre zogen ins Land, aus dem Jungen wurde ein erwachsener  Mann; sein  Vater und die Mutter waren schon lange   tot, als  er zu seiner Frau sagte: 

„Mein Vater hat mich nur ein Mal in meinem ganzen Leben umarmt – und  das war damals, als ich die 5 Schilling wieder heil heimbrachte. Aber diese eine Umarmung wird mich bis an mein Lebensende beglücken.“

Quelle: 25.11.2023 – Josef Paul Puntigam – facebook

Ich danke Herrn Brigadier i.R. Josef Paul Puntigam für seine Erlaubnis, diese Geschichte hier online zu stellen.

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