Géza Ákos Molnár 10. Feber 2022
Zitate kann man in guten Büchern auflesen. Man kann sie allerdings auch unterwegs aufschnappen. Ich muß sie, um sie zu erhalten, dann aber auch gleich aufschreiben. Damit sie dann jemand anders auflesen kann.
Aufgeschnappt in Heidelberg
Mit einem guten Freund spaziere ich im wunderschönen Heidelberg den Philosophenweg entlang. Da überholt uns ein Vater mit seiner wohl 7-jährigen Tochter an der Hand. Wir können nur diesen einen Satz des Vaters hören:
„Wenn alles gesagt ist, und wenn alles getan ist, dann ist nichts mehr zu sagen und nichts mehr zu tun.“
Aufgeschnappt in Wien
Ich jogge im Park des prächtigen Heeresgeschichtlichen Museums in Wien. Ich sehe eine alte Dame in fast bodenlangem schweren Wintermantel mit zwei Stöcken spazieren, ein paar Schritte hinter einem alten Mann, wohl ihr Ehegatte.
Ich kann beim Vorbeilaufen nur diesen einen Satz der alten Dame hören, als sie ihn ihrem Manne nachruft:
„Ja – es gibt etwas Allgewaltiges und Allgegenwärtiges!“
Was mich umtreibt:
Wer ist der unbekannte Philosoph von Heidelberg? Worüber wohl hat er mit seiner Tochter geredet? Was hat ihn veranlaßt, diese finale Feststellung zu machen?
Und worüber nur haben sich die alten Eheleute unterhalten? Hat sie ihm Angst einjagen wollen? Oder im Gegenteil: vielleicht hat sie ihn mit diesem Satz trösten wollen. Oder hat sie im Verlauf ihres Diskurses lediglich ihre religionsphilosophische Überzeugung kundgetan?
Und wer oder was hat die Sprache dieser Dame geprägt? Haben Sie schon einmal jemand „Allgewaltiges“ sagen gehört?
Liebe Leser, hören Sie nie zu hören auf. Es gibt gar Treffliches, das wir aufschnappen können, wenn wir viel unterwegs sind.
Schlagwörter: Philosoph, Heidelberg, Aufschnappen, Zitat, Hören, Wien, Philosophie.
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