Géza Ákos Molnár 10. Dezember 2025
Non scholae, sed vitae discimus. So haben es die alten Römer in Nachfolge des großartigen Seneca, eines Zeitgenossen Jesu Christi, formuliert. So haben es seither Eltern und Lehrer ihren Kindern gesagt. Genau darüber haben unzählige anderwertig interessierte Schüler von alters her ihren Kopf geschüttelt.
Wirklich? Wirklich! Wir haben aber Glück: Es gibt so viele Ausnahmen von lebensferner Schule, daß sie alle zusammen auch Bücher füllen. Der Blick des Alten zurück in seine Kindheit hilft sehr, Gutes zu entdecken, auch die Lehrer für’s Leben.
Werter Leser, zählen Sie sich auch zu den Glücklichen, die den einen und andern Lehrer hatten, die Sie tatsächlich segensreich für Ihr ganzes Leben geprägt haben?
Weil es ausgerechnet meine Leidenschaft, die Rhetorik, betrifft, zeige ich Ihnen heute, woran sich der in Österreich recht bekannte ehemalige Lobbyist Peter Hochegger erinnert.
In seinem im Herbst 2025 erschienenen Buch Schattenrepublik erzählt er von seinem Deutschlehrer, der ihn die faszinierende Welt der freien Rede entdecken und trainieren ließ.
Wie mächtig die Kunst der Kommunikation wirkt, im Guten wie im Listigen, darüber gibt Hocheggers Buch reichlich Auskunft. Ich lese das Buch gerade und bin gespannt, wie es weitergeht.
Meine Schullaufbahn brachte mich in das Gymnasium von Waidhofen an der Ybbs, wo ich im dortigen Internat aufgenommen wurde. [ … ] Besonders prägend war mein Deutschlehrer.
Für diesen Herrn waren Rechtschreibung und die Fähigkeit, seine Gedanken zu Papier zu bringen, wichtig, doch am allermeisten schätzte er die Kraft der Rhetorik. Große antike Rhetoriker wie Cicero waren ihm Vorbild, wenn er uns die Macht der freien Rede demonstrierte.
Wer es schaffte, seine Worte in den Verstand seines Gegenübers zu pflanzen, damit sie dort wachsen und gedeihen konnten, der hatte eine Verbindung hergestellt zwischen sich selbst und diesem anderen, einen unsichtbaren Faden gespannt, an dem er ihn lenken und bewegen konnte.
Er begann jede Deutschstunde mit einer Redeübung, bei der ein Schüler kurz und frei über ein aktuelles Thema referieren sollte. Den meisten war es unangenehm, doch ich liebte diese Übungen. Wenn sich niemand meldete, was oft vorkam, ergriff ich die Möglichkeit, stand auf und sprach über alles, was mir einfiel.
Danach wurde diskutiert: Was war daran gut, was schlecht, was hatte man gelernt, was hatte einen begeistert? Dies war die erste richtige Schule meines Lebens. [ … ]
Bevor ich zum Studieren nach Wien ging, hatte ich noch eine prägende Begegnung in Waidhofen. Es war das Jahr 1970, als der damalige Oppositionsführer und SPÖ-Spitzenkadidat Bruno Kreisky in den Ort kam.
Hochegger schildert dann die Rhetorik Kreiskys, mittels der er die Menschen im Saal in ihren Bann gezogen hat – auch den jungen Peter Hochegger selbst, resümiert er doch:
An diesem Tag hatte ich zum ersten Mal die Macht der Rhetorik am eigenen Leib erfahren. Wer Wörter beherrschte, beherrschte die Situation, beherrschte seine Gegenüber, ihre Gedanken und Wünsche. Quelle: Peter Hochegger, Die Schatten der Republik: Ein Lobbyist packt aus, 2025, edition a, Wien. Die zitierten Sätze: S. 19 bis 23
Schlagwörter: Lehrer, Jesus Christus, Schule, PETER HOCHEGGER, GYMNASIUM, WAIDHOFEN AN DER YBBS, BRUNO KREISKY, Rhetorik, SENECA, Zitat, rede, Kommunikation.
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