Als Studenten den Professor beim Vortrag störten …

Géza Ákos Molnár 21. April 2023


Ein guter Freund erzählte mir folgende Geschichte aus seiner Studentenzeit:

Ich studierte damals im Jahre 1972 an der Augustana-Hochschule in Neuendettelsau. Es gab einen Professor, dessen Vorlesungen ich immer besonders gerne hörte. Das war der Kirchenhistoriker Friedrich Wilhelm Kantzenbach.

Unglaublich engagiert, profund und gebildet, wie der Mann war, hat er ohne je einen Blick in Unterlagen zu werfen, hochkonzentriert frei vorgetragen – lebendig, interessant und so, daß man sich leicht tat, gut mitzuschreiben. 

Ich habe heute noch Hochachtung davor, wie druckreif er am Pult geredet hat.

In einer solchen Vorlesung beginnen zwei Studenten in den hinteren Reihen des Vorlesungssaals im Flüsterton miteinander zu plaudern. 

Professor Kantzenbach hält inne, richtet seinen Blick auf die Störer dort hinten und sagt diesen Satz, den ich nie vergessen werde:

„Hören Sie auf zu reden,
ich arbeite hier vorne!“

Meine Schlußfolgerung:

  • Redner, reagiere ruhig auf Störung und stelle sie bald ab!
  • Hörer, wisse: Wenn der Redner redet, dann tut er seine Arbeit.

Derselbe Freund hat mir über Professor Eberhard Jüngel erzählt. Während einer Vorlesung an der Universität Tübingen, Ende der 60-er, Anfang der 70-er Jahre: 

Als er von provokanten Studenten gestört wurde, hat Jüngel so reagiert:  

Er hat sich aufgerichtet, hat aufgehört zu reden, hat still und streng in den Saal geschaut, seine Mappe mit den Unterlagen laut zusammengeklappt, hat sich umgedreht und hat den Vorlesungssaal wortlos durch die Türe verlassen.

Heute das Handy

Ich beame uns ins 21. Jahrhundert. Wir befinden uns im Konzertsaal. Der berühmte Pianist Nikolai Petrow spielt virtuos. Alles ist ergriffen. Plötzlich – ein Handy läutet. Der Pianist hört es. Wie reagiert er? 

Er hört sofort zu spielen auf. Er wartet, bis der Konzertbesucher sein Gespräch beendet. Er beginnt seine Aufführung von vorne. Wieder klingelt das Handy. Wie reagiert der Pianist? Er steht auf und tritt schnellen Schrittes ab. Und kommt auch nicht mehr auf die Bühne zurück. Geschehen in Moldawien, 2006.

Fazit: 

Wer redet, möge gut reden: aus Respekt vor seinen Hörern.

Wer hört, möge still hören: aus Respekt vor dem Redner. Er arbeitet da vorne. 

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