Eine kleine Rede, ganz groß. Otto Schenk für Rudolf Buchbinder.

Géza Ákos Molnár 27. Juni 2018


Es geht um die Rede, die Otto Schenk zum 70. Geburtstag von Rudolf Buchbinder im Jahre 2016 gehalten hat. Man muß wissen, das Geburtstagsfest hat unmittelbar im Anschluß an ein großartiges Konzert stattgefunden. 

Die Gäste haben gemütlich, zwanglos an runden Tischen im sommerlichen Garten der Familie Buchbinder gesessen. Gute Laune allenthalben. Der über 80 jährige Otto Schenk erhebt sich, um das Wort zu ergreifen. 

Alles still. Was wird er wohl sagen?

 „Es war für mich ein Erlebnis, 
das ich selten habe, 
weil ich ja neige,
im Konzert meine Müdigkeit hervorzukehren. 

Aber Du läßt einen ja nicht schlafen!
Nicht nur, wenn Du laut spielst –
sondern auch, wenn’s leise
in die faden Sätze hineingeht. 

Ich hör‘ Dir so gern zu.
Ich hör‘ Dir so rasend gerne zu,
weil Du einen Schwerhörigen 
zum Lauschen bringst. 

Und ich dank‘ Dir dafür,
daß Du da bist, 

in Ewigkeit, Amen!“

53 Sekunden. 53 grandiose Sekunden.

Ich habe die Zeilen hier kurz gesetzt, damit Sie die Pausen spüren, die Schenk an jedem Zeilenende meines Transkripts hier gemacht hat. Weil er in getragenem Tempo vorgetragen hat, sind es 53 Sekunden geworden.

Das sagt also ein sehr alter Schauspieler, selber einer der ganz Großen, dem andern ganz Großen, dem Pianisten, zum 70. Geburtstag. Eine Rede vom Feinsten!

Kleine Reden sind oft ganz groß.

Nun ein anderer Blickwinkel auf dieselbe Rede:

Ich behaupte: Was die die Qualität des Klavierspielers ausmacht, macht auch die Qualität des Redners aus.

Es ist genau diese Qualität, die der Laudator hier unnachahmlich treffsicher lobt. Ich wiederhole Schenk, bewußt ohne einen weiteren Kommentar von mir. 

Stellen Sie sich bitte vor, er richtete die Worte nun an einen großen Rhetor:

„Aber Du läßt einen ja nicht schlafen!
Nicht nur wenn Du laut spielst – 
sondern auch, wenn’s leise
in die faden Sätze hineingeht. 

Ich hör‘ Dir so gern zu.
Ich hör‘ Dir so rasend gerne zu,
weil Du einen Schwerhörigen zum Lauschen bringst.“

REDE AUS: RUDOLF BUCHBINDER. AUF DER SUCHE NACH VOLLENDUNG. EIN FILM VON THOMAS MACHO. DIESE ORF-DOKU, AUSGESTRAHLT AM 17.06.2018, IST LEIDER NICHT MEHR ONLINE.

Wenn Sie den Titel der Dokumentation im Internet suchen, finden Sie sie schon, u.a. hier

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