Was wir für’s Verhandeln unbedingt brauchen

Géza Ákos Molnár 20. Oktober 2024


Geht es Ihnen manchmal wie mir? Ich höre etwas Weises und Kluges, das ich zwar schon viele Jahre lang weiß. Ich bin aber doch froh, es wieder einmal gesagt zu bekommen. Warum bin ich froh?

Repetitio est mater studiorum

Weil wir dazu neigen, die banalsten Wahrheiten zu vergessen, sie dann in der konkreten Praxis nicht zu beherzigen und sie dann auch nicht zu tun. 

Und dann wundern oder ärgern wir uns, daß die Verhandlung oder die Vermittlung schiefgelaufen ist. Die Wiederholung ist die Mutter alles Studierens, haben die alten Römer gesagt. Wiederholen ist nichts anderes als etwas wieder zu holen, das wir irgendwo liegengelassen haben. 

Ich habe heute ein hochinteressantes Gespräch zweier alter Adeliger gehört: Alexander von Bismarck und Michael von der Schulenburg.

M. von der Schulenburg – Vermittler & Verhandler

Michael von der Schulenburg war über 30 Jahre lang für die UNO tätig, lebte viele Jahre lang in Ländern, die sich im Krieg befanden; zu vermitteln und zu verhandeln war seine Lebensaufgabe. 

Waffenstillstandsverhandlungen, Friedensverhandlungen, Vermitteln von Geiselfreilassungen war drei Jahrzehnte lang seine Mission. Seit ein paar Monaten nun ist er von der neuen deutschen Partei Bündnis Sarah Wagenknecht aus Abgeordneter im EU-Parlament. 

In diesem Gespräch hier unterhalten sich die beiden Herren über von der Schulenburgs Erfahrungen; und sie reflektieren die Weltlage angesichts der Kriege und der andern schwerwiegenden Probleme, die wir zu spüren und für die wir teuer zu bezahlen auferlegt bekommen haben. 

Ein sehr angenehmes Gespräch, sehr gut zum Zuhören und Nachdenken.

Respektieren, zuhören, verstehen

Jetzt komme ich aber zu jener rhetorisch relevanten Passage, die ich die banale nenne, aber trotzdem zitiere. Erinnert sie mich doch daran, wie ungemein wichtig ist, was Herr von der Schulenburg da sagt: wichtig für die Politik, aber auch für unsere geschäftlichen und betrieblichen Interessenskonflikte. 

Ich werde ja oft gefragt, wie Friedensverhandlungen, Waffenstillstandsverhandlungen gemacht werden. […] Auch im Iran-Irak-Krieg, der ja sehr bitter gefochten wurde, gab es immer einen diplomatischen Draht zwischen diesen beiden Seiten, damals durch die UNO […]. 

Man hat das nie abreißen lassen. Das ist ganz, ganz wichtig. Aber wenn man da Vermittler ist, da gibt’s dann eigentlich nur drei Worte, die wirklich wichtig sind.

1. Respekt. Man muß wirklich beide Seiten respektieren. Da hat man ja meistens auch Leute mit sehr viel-blutigen Händen dabei. Trotzdem: Respekt! Die machen das aus dem Gewissen. Und keine Schuldzuweisung! Bloß nicht! Respekt! 

2. Das andere ist Zuhören. Man muß allen zuhören. Ist gar nicht so einfach für einen Westler. Weil wir denken ja, wir wissen es alle besser. Und dann natürlich

3. Verstehen. Und das Verstehen ist ja heute ein Negativ-Wort in Deutschland geworden! Aber Verstehen ist natürlich ganz entscheidend. Das bedeutet ja nicht, daß man die Position des Andern übernimmt; das bedeutet einfach nur, daß man versteht, was sind die Motivationen von beiden Seiten. Und beide Seiten sollen sich auch überlegen, wo, warum sie Krieg führen überhaupt.

Und das sind im Grunde genommen ganz einfache Sachen. Aber ich kann Dir nur sagen, in der Wirklichkeit sind sie sehr schwer. Da muß man irgendwo eine innere Einstellung dazu haben, das so zu machen. Und deswegen verfehlen so viele westliche Versuche, das zu machen, weil wir das von oben herab machen.

[Hören Sie es dann unten im Wortlaut, den ich hier an manchen Stellen gekürzt habe – vom Kontext her am besten ab TC 7:37]

Im weiteren Gespräch wird es dann konkret politisch; mir ging es jetzt um diese 3 banalen Voraussetzungen für das Vermitteln, Konfliktbereinigen, Verhandeln.

Weil wir Menschen sind … 

Einander respektieren, zuhören und verstehen. So einfach und zugleich so schwer. Weil wir Menschen sind. Aber doch möglich. Auch, weil wir Menschen sind. 

Alexander von Bismarck am Schluß des Gesprächs [TC 57:06] über Michael von der Schulenburg: […] jemand, der eben in Kriegsgebieten gelebt hat und Verhandlungen geführt hat, der Geiseln befreit hat, auch, indem er Vertrauen zur andern Seite gebracht hat – und da ist es egal, ob man ein Diktator [ist] oder ein böser oder ein schlechter oder ein guter Mensch – […] dieses Vertrauen kann man nur in Gesprächen und nicht mit Gewalt schaffen.

Mein banaler Tipp

Als Meister im Handwerk, als Chef, als Lehrer oder als ein Multiplikator anderer Art scheuen Sie sich bitte nicht, auch banale Dinge immer wieder unter Ihr Volk zu streuen, sie in Erinnerung zu rufen, sie aktuell zu halten. Die banalen Dinge sind oft die größten Weisheiten, die uns im Leben am weitesten bringen.

Link zum Video:

Dieses Video läßt sich hier nicht einbetten; der Link unten ist ein indirekter, klicken Sie dann bitte weiter auf „Auf youtube ansehen.“ Danke. Die oben erwähnte banale Passage beginnt bei TC 7:37. Viel Vergnügen!

Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=eVyNt-zC-OI&ab_channel=Maraql%C4%B1TV

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