Géza Ákos Molnár 27. Juni 2018
Ich habe überhaupt keinen Witz gemacht und habe auch überhaupt nicht beabsichtigt, meinen Bekannten zum Lachen zu bringen. Als ich ihm aber etwas erzähle (ich weiß gar nicht mehr, was das war), da lacht er plötzlich laut auf und kann sich nicht mehr einkriegen.
„Hey, was ist?“ frage ich ihn.
„Erquicklich, hahaha!“ prustet er.
Er sieht meinen verwirrten Blick.
„Erquicklich! Seit Jahren habe ich dieses Wort nicht mehr gehört! Du hast ER-QUICK-LICH gesagt!“
Ja, das kommt vor. Daß man als sogenannter Oida Wörter gebraucht, die heute niemand mehr hört, weil sie auch niemand mehr sagt. Erquickung. Erquickend. Erquicklich. Erquicken.
Ich habe verglichen: In meiner Luther-Schulbibel (1974) kommt Erquickung / erquicken 44 Mal vor.
In der modernen Einheitsübersetzung (2016) nur mehr 2 Mal, wenigstens auch noch an einer ganz berühmten Stelle, Matthäus 11,28, in der Christus sagt:
„Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.“
Um manche Wörter ist es sehr schade, weil sie lustig sind oder bildreich oder voller Gefühle und Sinn.
In diesem Blog hier habe ich einmal „eitler Tand“ geschrieben und dann darüber nachgedacht, ob ich das so stehen lassen soll; kennet doch niemand diesen Ausdruck mehr.
Ja, habe ich beschlossen. Ich lasse „Tand“ stehen. Altes Wort in digitaler Zeit. Auf daß es nicht ganz verschwinde! Und verstehen tun Sie es ja doch alle. Nur dran denken und es verwenden tun Sie „Tand“ nicht. Aber vielleicht bei nächster Gelegenheit doch wieder? Einfach um der Schönheit und der Vielfalt willen?
Wenn Sie eine Rede halten:
Solange man es nicht übertreibt, ist das genau die Gelegenheit, Wörter zu verwenden, die Ihre Hörer im Alltag gar nicht mehr hören oder lesen.
Mitunter bringen alte Wörter die Leute zum Schmunzeln; und sie lassen sie aufhorchen und genauer hinhören und ganz anders denken und fühlen als das ohnehin täglich verwendete Wörter der flachen Alltagssprache tun.
Alte Wörter können jemand erquicken wie eine seltene schöne Blume auf der Wiese.
Wollen Sie wenigstens 100 von 131.000 nicht mehr verwendeten deutschen Wörtern in Erinnerung behalten und wissen, was sie ursprünglich gemeint haben? Ich empfehle Ihnen ein neues Buch:
Verliebt in 100 vergessene Wörter, Verlag Duden, 2018
Gönnen Sie sich dieses Buch. Es möge Sie und Ihre Hörer amüsieren – und ER-QUI-CKEN!
Schlagwörter: Wort, Sprache, Buchtipp, Formulierung, Metapher, Tipp.
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