Géza Ákos Molnár 14. Dezember 2015
Am 2.12.2015 hat Hilary Benn, Mandatar der Labour Party, während der Debatte über die Mitwirkung des Königreichs an den Luftschlägen gegen den Islamischen Staat in Syrien das Wort ergriffen und eine 15 Minuten lange Rede gehalten.
Wissen Sie, wann er an der Reihe war? Nach sage und schreibe 10 Stunden Debatte, wo man meinen musste, alle Argumente wären zur Genüge ausgetauscht.
Und doch wurde Benns Rede zum fulminanten Höhepunkt des Tages.
Die rhetorische Qualität glaubwürdig würdigen tun ja am besten Gegner des Redners. Ich zitiere hier einen Gegner Benns, der auf youtube diese Zeilen gepostet hat:
+blitheringbrooks “Although I disagree with Hilary Benn I think this is a truly outstanding speech and just wish the argument for none intervention had an orator worthy of H. Benn. Fantastic speech not to be underestimated.“
Die herausragende rhetorische Qualität können wir auch an diesem Umstand hier messen:
In britischen Parlamentsdebatten ist es ganz und gar unüblich, dass Abgeordnete während und nach einer Rede klatschen. Traditionell tut man seine Begeisterung durch lautes Rufen kund: „Hear, hear!“
Nach dieser Rede haben sie sich nicht zurückhalten können. Alle und aus allen Parteien haben laut applaudiert!
Ich übertreibe sicher nicht, wenn ich sage: Diese Rede wird in die Geschichte der Redekultur des britischen Parlaments eingehen.
Und: Hilary Benn kann durchaus in einem Atemzug mit Winston Churchill genannt werden, wenn es um ihn als Rhetor in geschichtlich ernster Lage geht.
Benn verknüpft den ausgezeichnet komponierten Text der Rede mit einem ebenso ausgezeichneten Vortrag. Klare Stimme, angemessenes Tempo, sachlich fest und emotional betroffen;
gewissensmäßig entschieden, verantwortungsmäßig entschlossen – so wirkt Benn, wenn er redet. Das lässt still werden, hören, auf sich wirken und eine eigene Entscheidung nach eigenem Gewissen treffen.
Beachtenswert, wie er innerhalb der Rede besonders Gewichtiges viel leiser (!) vorträgt, und dem Gesagten gerade dadurch noch mehr Gewicht gibt und noch mehr Aufmerksamkeit seiner Hörer abfordert.
Die Aufmerksamkeit ist ihm sicher.
Benn argumentiert klar und leicht verstehbar und in sich logisch und plausibel. Benn kommt ganz ohne Polemik und ganz ohne Puschen von Emotionen aus.
Benn differenziert fein (im letzten Abschnitt wendet er sich sogar direkt an Abgeordnete seiner Labour Party) und begründet alles, was er sagt, klug.
Nichts bleibt nur Stimmung. Alles ist aus tiefer Überzeugung vorbereitet und vorgetragen, was wir in dieser Rede zu hören bekommen. Es stimmt alles und damit stimmt Benn die Hörer zu ernster Entschlossenheit.
Darum: Schauen Sie sich diese Rede bitte an. Und lesen Sie dazu das Transcript (PDF).
Rhetorische Kenner und Genießer werden auch die rhetorischen Stilmittel finden und sich freuen, wie schön und kunstvoll diese Rede gestaltet worden ist. Ein historisches Dokument.
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