Burgtheaterreif? Alois Kainz redet im Parlament.
Ein Abschnitt aus der sonst durchaus langweiligen Rede des Herrn Abgeordneten ist so lustig, daß er es am 5. März 2024 in eine Satiresendung des ORF geschafft hat.
Ich bewundere denjenigen, der diesen Ausschnitt überhaupt erst entdeckt hat, denn während solcher Reden hört man ja gemeinhin gar nicht zu. Man surft da lieber im Netz oder chattet am Handy.
Ernst Grissemann hat die Sequenz in „Willkommen Österreich“ so anmoderiert:
Ich weiß nicht, ob Ihnen der Name Alois Kainz etwas sagt, wahrscheinlich nicht. Alois Kainz ist Karosseriebautechniker und Schießanlagenkommandant aus Zwettl. Und er ist Nationalratsabgeordneter für die FPÖ.
Und er hat jetzt eine Rede gehalten im Nationalrat, eine Brandrede für Landwirte. Ein Satz hat mich wirklich besonders beeindruckt, und wir zeigen diesen Satz jetzt gleich. Da muß man in der Weltliteratur wirklich lange kramen, um etwas Vergleichbares zu finden.
Sehen Sie diesen Ausschnitt hier ab TC 2:33 bis TC 2:50.
Werte Leser, noch mehr haben Sie davon, wenn Sie sich das Transkript dieses Redeausschnittes zu Gemüte führen. Am bestenm Sie lesen das jetzt laut, theatralisch, dramatisch – als wäre es das sogenannte Gedicht eines zeitgenössischen Dichters deutscher Zunge:
Man muß wieder wirklich
ins Bewußtsein einmal rufen und schaffen,
den Aufwand der Produktion zum Beispiel,
der Arbeit eines Landwirtes,
jede einzelne geschlachtete Kuh und für
jede einzeln gebackenes Brot
einmal wieder nachdenken und
ins Bewußtsein leuchten.
Von Kainzens Stil hörbar inspiriert, würdigt Dirk Stermann die Dichtkunst des Waldviertler Parlamentariers abschließend so – ich zitiere:
Ich meine, es ist ein Satz tatsächlich,
den könnte man so,
eins zu eins,
im Burgtheater auch hören,
vielleicht vorgetragen von
Maria Happel.
Wie konnte Alois Kainz das passieren?
Meine Deutung: Kainz hat sich den Aufwand der Produktion seiner Rede nicht ins Bewußtsein gerufen und geschaffen; er hat also die Arbeit seines parlamentarischen Redenschreibers nicht in sein Bewußtsein geleuchtet.
Weiters hat er sich selbst überschätzend vorgestellt, er könne auf das Vorlesen des Textes verzichten und ziemlich frei reden.
Schließlich hat er sich von im Konzept vorgefundenen und aufgelesenen Hauptwörtern zu wirren Wortkaskaden hinreißen lassen. Der innere Stress hat ihn die Grammatik der deutschen Sprache komplett vergessen lassen.
So hat er alles total vermurkst. Mein Tipp:
Wer nicht gut reden kann, der soll – und darf – dafür sehr gut vorlesen!
Gut vorlesen? Das heißt: vor dem Auftritt den Text sinnerfassend lesen und sich mit ihm gut vertraut machen, ihn ein paar Mal laut üben, schwierige Stellen (Stolperfallen zum Beispiel) mit einem Stift markieren.
Sie werden erleben – dann geht beim Auftritt alles gut und Sie ernten Ihren verdienten Applaus!
PS: Für ein individuelles Training stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Schreiben Sie mir oder rufen Sie mich an. Sie sind immer willkommen.
