Wie finde ich die richtigen Geschichten zum Erzählen? Ein Blick auf diesen einen Arbeitsschritt beim Schreiben einer Rede.

Géza Ákos Molnár 26. Juni 2019


Konkreter Anlaß: Ein Geschäftsführer verabschiedet sich von seiner ganzen Mannschaft – wegen beruflicher Veränderung.

Er hat sich an mich gewandt, damit wir miteinander an der Rede arbeiten. Sein Anspruch: „Ich will kein Klischee bedienen und so individuell reden, wie es nur geht.“

Das ist immer ein schöner Anspruch. Für jeden Redner und für jeden Anlaß von der Wiege bis zur Bahre. Kein Klischee. So individuell und persönlich wie nur möglich.

Damit wir das Ziel „individuell, persönlich“ auch erreichen und uns nicht in Floskeln erschöpfen („Ich gehe mit einem lachenden und mit einem weinenden Auge“), lassen Sie uns auf die Suche nach Eindrücken, Emotionen und Geschichten gehen. 

Vorteil und praktischer Nutzen: Eigene Eindrücke und Geschichten können immer nur Ihre persönlichen sein. Individueller geht es gar nicht.

Das ist übrigens ein eigener Arbeitsschritt des Redenschreibens.

Wir sammeln nun Inhalt, Stoff, Content. Zunächst nur sammeln – nicht verwechseln mit Selektieren. Selektieren tun wir nach bestimmten rhetorisch relevanten Kriterien später.

Ich habe meinem Auftraggeber einen Fragebogen geschrieben. Wir sind ihn dann in einem eigenen Meeting miteinander durchgegangen. 

Es war unglaublich interessant und hat ihm, dem Redner, Einzelheiten in Erinnerung gerufen, die er gar nicht mehr bewußt vor Augen hatte.

Nebeneffekt: Das hat ihn richtiggehend inspiriert und ihn leidenschaftlich werden lassen. Was für eine gute Voraussetzung, damit die Rede dann gut gelingt.

Diese Fragen will ich Ihnen heute zeigen. Nicht mehr, nicht weniger. 

Vielleicht gefallen Ihnen diese Fragen. Vielleicht fallen Ihnen sogar ein paar weitere gute Fragen ein, die dazu führen, daß Ihre Hörer an Ihren Lippen hängen werden. Ihr Applaus ist Ihnen sicher!Rede zum Abschied des GF A.E. der Firma I.O. Fragen für die Auswahl des Inhalts:

  • Worüber haben Sie gestaunt? Was hat Sie beeindruckt?
  • Was hat Sie ernüchtert?
  • Worüber haben Sie herzlich lachen müssen?
  • Was hat Ihnen am meisten Spaß gemacht?
  • Welche Herausforderungen haben die Hörer der Rede mit Ihnen gehabt?
  • Wie haben sie Sie herausgefordert?
  • Wovon sind Sie heute nicht mehr so überzeugt wie am Anfang Ihrer Arbeit hier?
  • Wovon sind Sie jetzt weiterhin, vielleicht sogar umso mehr überzeugt?
  • Was haben Sie als so wichtig erkannt, daß Sie sich wünschen, daß die Hörer es im Auge behalten?
  • Was nehmen Sie mit, was Sie hier an Wissen und Erfahrung erworben haben?
  • Worüber sagen Sie: DAS ist uns so richtig gut gelungen! Darauf können wir so richtig stolz sein!?
  • Welche Rekorde haben Sie mit Ihrer Mannschaft aufgestellt?
  • Wem wollen Sie heute wofür konkret danken?
  • Was werden Sie missen?
  • Worauf freuen Sie sich schon?
  • Was werden Sie tun?
  • Was wünschen Sie denen, mit denen Sie jetzt reden, für ihre Zukunft? 
  • Welche Begegnungen haben sehr großen Eindruck auf Sie gemacht?
  • Welche Gespräche waren entscheidend für Sie?
  • Welchem Verlauf haben Sie (habt Ihr) zum Glück eine entscheidende Wendung gegeben?
  • Vor welchem Irrtum wurden Sie (von wem) bewahrt?
  • Welche glückliche Fügung haben Sie erlebt (Glück, reines Glück)?

Soweit der Fragebogen.

Mein erster Tipp:

Wenn Sie ganz unverwechselbar, ganz individuell, sehr persönlich reden wollen (das lieben übrigens alle, die die Rede hören), dann lassen Sie Ihre eigene Geschichte und Ihre eigenen Emotionen zum Redeanlaß vor Ihren Augen lebendig werden. 

Ich bin gewiß: Sie werden so viele Dinge finden, die Sie erzählen können, daß Sie dann sogar die Qual der Wahl haben. Sie werden eine Entscheidung treffen müssen: Und was von alledem erzähle ich nun wirklich? Und in welcher Reihenfolge tue ich das?

Mein zweiter Tipp,

… ganz uneigennützig natürlich: Fragen Sie Ihren Redenschreiber, also am besten mich!

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