Dominik Kaufner – Essenz und Emotion zugleich

Géza Ákos Molnár 26. April 2025


Ist eine Rede nur rational, dann ist sie für viele viel zu gescheit. Ist eine Rede nur emotional, dann ist sie für viele zu gefühslduselig.

Auf gut österreichisch: vü z‘gscheit oder vü z’vü Gfü

Darum gilt die gute rhetorische Regel: Füttere immer beide Gehirnhälften.

Vom Chef und vom Schurli

Die linke – im Fachchargon ‚Chefgenannt – füttere mit Zahlen, Daten, Fakten, mit inhaltlicher Substanz und mit logischen Argumenten. 

Und die rechte – im Fachchargon ‚Schurli‘ genannt – mit schönen Bildern, treffenden Beispielen und mit unterhaltsamen Geschichten.

Normalerweise wechselt man in der Rede beides ab. Zuerst präsentiert man einen Sachverhalt. Dann veranschaulicht man ihn mit einem praktischen Beispiel. 

Oder umgekehrt: Man beginnt mit einer Pointe oder mit einer lustigen Anekdote und setzt dann mit der Fakteninformation oder konkreten Handlungsanleitung fort, um die es thematisch gerade geht. 

Je nach Redelänge geht das ein paar Mal hin und her. Wenn wir die Übergänge schön formulieren und das Ganze gut vortragen, kommt die Rede auch gut an. Sie wirkt.  Warum wirkt sie? Weil sie im ganzen Hirn wirkt – ‚Chef‘ und ‚Schurli‘ freuen sich gleichermaßen.

Nicht abwechselnd, sondern synchron

Ich habe eine Rede entdeckt, in der etwas geschieht, das nur ganz selten vorkommt. Die Rede, die ich Ihnen heute zeige (siehe Video weiter unten), dient nämlich beiden Hirnhälften zugleich

Emotion und Essenz serviert Dr. Dominik Kaufner nicht in zeitlicher Abfolge abwechselnd. Der Historiker hat sie in seiner etwa siebenminütigen Rede so miteinander verwoben oder verflochten, daß man sie gar nicht mehr so einfach auseinanderhalten kann. Was geschieht bei dieser Rede daher? Im selben Atemzug lernen wir rational dazu – und fühlen wir emotional mit.

Die Rede

Der Redner: Dr. Dominik Kaufner ist Historiker. In dieser Rede erinnert er seine Hörer an Geschichtliches. An etwas, das unmittelbar in der Heimat der Anwesenden und ganz genau vor 80 Jahren tatsächlich geschehen ist. 

Der Anlaß: In Potsdam debattieren die Abgeordneten des Landtages von Brandenburg die Idee des BSW (Bündnis Sarah Wagenknecht) und der SPD, den 8.Mai als „Tag der Befreiung“ zum Feiertag zu machen. 

Die Rede: Dr. Kaufner zeigt, warum er und die AfD (Alternative für Deutschland) den 8.Mai keineswegs als „Tag der Befreiung“ sehen und feiern können. 

Die Argumentationslinie: Der Historiker berichtet historisch belegbar, was um den 8.Mai 1945 herum konkret geschehen ist. Diese Information (Essenz) und die Dramatik der Ereignisse (Emotion) fließen dabei ineinander, sie verschmelzen miteinander. Wer hört, lernt oder wird neu erinnert. Wer hört, kann nicht anders als auch spüren. 

Der Vortrag: Abgesehen von der leider viel zu hohen Redegeschwindigkeit (sie sabotiert die Bedeutung somancher einzelner Sätze erheblich) beeindruckt mich der gewählte Vortragsstil sehr. Inwiefern?  

Herr Dr. Kaufner berichtet, schildert, erzählt in ruhigem Ton. Er läßt die Tragik der Geschichte(n) selbst wirken und drückt nie gesondert auf die Tränendrüse. 

In der im Parlament natürlich erforderlichen parteipolitischen Auseinandersetzung bleibt er frei von kontraproduktiver unguter Polemik und von moralinsaurer Belehrerei. Die feine Klinge der Kritik des Gegners führt er mit hoher Präzision.

Dominik Kaufner legt die ideologische Wurzel der Antragsteller frei und enttarnt ihre eigentliche Absicht.

Seine logische Argumentation führt er entschlossen zum Ziel: Die AfD lehnt diesen Antrag ab. Der 8.Mai ist schlichtweg kein „Tag der Befreiung.“

Diese Rede ist ein Muster für intellektuell redliche Überzeugungsleistung. Der letzte Satz einer Rede ist besonders wichtig. Ihn hat Dominik Kaufner ausgezeichnet formuliert:

„Es gibt hier nichts zu feiern. Nur zu trauern.“

Sehen Sie hier die Aufnahme dieser Rede. Unterm Video finden Sie mein Transkript der Rede des Herrn Dr. Dominik Kaufner.

Das Transkript der Rede lesen Sie hier.

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