Fade Reden. Die Verabschiedung von HBP Dr. Heinz Fischer. Eine polemische Kritik.

Géza Ákos Molnár 12. Juli 2016


Warum nur? Warum nur? Warum nur? Ich bin professionell wütend.

Warum sind bei wirklich feierlichen Anlässen unsere wirklich feierlichen Spitzenrepräsentanten wirklich so feierlich fad?

„Wie waren denn die Reden so?“, haben mich am 8. Juli manche gefragt. Wenn sie so waren, wie die jetzt von Bures (Präsident Nationalrat) und Lindner (Präsident Bundesrat), dann antworte ich immer nur: „Ja eh!“ Wer mich kennt, weiß, was das heißt.

„Ja eh“ ist typisch österreichisch. Man wertet nicht explizit. „Ja eh“ ist implizit. In unserm Kontext meine ich mit „Ja, eh“, daß eh alles ok war. Es war aber eben nur „eh“ ok. „Eh ok“ ist viel schlimmer als „nicht ok.“

Die wirklich feierlichen Reden haben offensichtlich wirklich fad zu sein in Österreich. Inhaltlich korrekt, politisch korrekt, emotional sehr korrekt sogar. Ich nenne das „emotional total unangemessen angemessen“, wenn Sie verstehen.

Diese hohen Herrschaften glauben noch immer, daß man in einer Bundesversammlung nicht lachen darf und auch nicht weinen und auch nicht zornig werden darf und auch ja nicht etwa lustig. 

Nur getragen darf man sein. Getragene Reden sind fade Reden. „Reden Sie ruhig weiter, es hört Ihnen eh niemand mehr zu.“

Es ist alles sehr ernst. Sehr. Wie auch das Mozartstückerl, was Sie da in distanzloser Nähe zum Scheidenden gespielt haben. Wohin soll der Arme jetzt schauen, und wie genau? 

Denn schaute er zu den Musikern, schaute er direkt in die direkt hinter sie aufgepflanzte Kamera des Staatsfernsehens. Schaute auch unpassend aus.

Lieber zurück zu den Reden:

Was mir zuletzt anläßlich der Verabschiedung von Frau Präsident Prammer nach ihrem Ableben aufgefallen ist, ist mir auch diesmal aufgefallen:

Da reden Menschen, die den Hauptadressaten der Rede (Prammer, Fischer) wirklich schätzen, mögen, vielleicht sogar gern haben und mit ihm viele, viele Stunden privat und beruflich zusammengewesen sind. 

Und doch erzählt kein einziger von ihnen nur irgendeine Anekdote über sie? Oder irgendeinen Dialog mit einer Pointe? Oder irgendeine Begebenheit, die ein gutes Licht auf die Persönlichkeit des Gelobten wirft?

Nichts hören wir als nur übliche Eigenschaftswörter (wie aus einem Stelleninserat), Aussagesätze (er hat sich für die Schwächsten der Schwachen eingesetzt), Floskeln (Brücken gebaut), politische Parolen, vermeintliche Pflichtsätze (Hass und Flüchtlinge müssen derzeit immer vorkommen und auch, daß wir die EU eh liebhaben), dem Zeitgeist oder der Ideologie des Verabschiedeten vermeintlich geschuldet. 

Dann Pflichtapplaus mit endenwollender Begeisterung, Pflicht eben.

Einfach tragisch. Oder komisch? Ja, eh.

Es ist ja nicht so, daß Bures und Lindner nicht reden könnten. Freilich, Luft nach oben in der Vortragsweise ist auch bei den beiden da, aber nehmen wir mal an: Ok, es paßt so.

Warum dann nur diese Langeweile? Warum?

Angst vor dem in Österreich Außergewöhnlichen? Gedankenlosigkeit? Die immerwährende Kreativitätsblockade? Der Irrglaube, Seriosität schließe Humor aus und Feierlichkeit Lachen? Falsches, aber eben auch typisch österreichisches Sicherheitsdenken der Redner? „Ja nicht auffallen!“?

Ich denke, Rache an Fischer (analog vorher an Prammer), die ja auch genau diesem faden immerwährend korrekten Redestil gefrönt haben, wird’s auch nicht gewesen sein, reflektiert haben das die Redner sicher nie. Und Herzlosigkeit will ich ja lieber nicht befürchten. Viel eher schon Mangel an diesbezüglicher Herzensbildung.

Warum nur? Einer Sache bin ich mir gewiß: Sie haben keine Ahnung oder erachten das zumindest für absolut unwichtig, wie man rednerisch Herzen und Seelen wirklich berührt und wie man Hirne fröhlich triggert.

Stellen Sie sich vor, die beiden Hauptredner vor Fischer hätten nur je eine oder je zwei Geschichten, wie Sie den Herrn BP Fischer erlebt haben, gut (!) erzählt. Am besten zwei Geschichten, die sie bisher noch nie erzählt hatten! Was für eine Überraschung für den Präsidenten, wie spannend für alle Journalisten und Hörer!

Aber so kann eigentlich niemand mehr sagen, was die beiden geredet haben. Weil es war da nichts außer das Übliche.

Unglaublich, wie billig es sich die Redner gemacht haben. Kein Wunder, daß sie einfach fad waren.

An die vielen Hundert im Saal und an die vielen Tausend vor dem Fernseher denken diese Herrschaften sowieso keine einzige Sekunde – weder beim Vorbereiten noch beim Halten der Rede. Das ist neben dem Hauptjammer der gravierendste Nebenjammer der Rhetorik unserer Spitzenleute im Parlament.

Was für eine vertane Chance! Was für eine verpatzte Gelegenheit!

Darum also diese elendsfaden „ja eh“ – Reden. Nix falsch, nix riskiert, nix xagt.

Dafür alles richtig, alles korrekt, alles sicher. Daher auch wirklich voll fad!

Daß es um BP Fischer Anekdoten zuhauf gibt, habe ich gestern (10.7.2016) in einer Zeitung gelesen. Ein Beispiel gefällig? Ich nehme aus dem Kurier, S. 4 und 5 die, in der es um eine Rede Fischers geht:

Als der russische Präsident Vladimir Putin in Wien war und das große Staatsbankett am Abend stattgefunden hat, hielt Fischer eine Rede. Er schaute auf sein Manuskript und bemerkte: Es war die falsche Rede! Es kam kein böses Wort, sondern Fischer sagte zu seinen Mitarbeitern nur:

„Kinder, das ist schrecklich, das ist ja das falsche Manuskript!“

In dem Moment hatte er vergessen, dass Putin perfekt Deutsch spricht. Russlands Präsident lehnte sich also zu Fischer hinüber und sagte:

„Herr Präsident, haben Sie vielleicht die falsche Rede? Machen’s Ihnen nichts draus, das ist dem Breschnjew auch einmal passiert, nur hat der es gar nicht gemerkt.“

Damit war die Situation gerettet.

PS: Wer  unbedingt möchte. kann sich das ansehen und anhören.

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