Präzise unterscheiden, präzise reden, präzise zuhören

Géza Ákos Molnár 8. Jänner 2025


Ich zeige Ihnen heute nicht die ganze Rede, sondern nur die ersten sechs Minuten eines einstündigen Vortrags der deutschen Journalistin und Publizistin Gabriele Krone-Schmalz.

Diabolisch oder diakritisch?

Was mich an ihren ersten sechs Minuten fasziniert? Wie gut sie erklärt, daß es unverzichtbar wichtig ist, daß wir sowohl beim Reden als auch beim Zuhören präzise bleiben, indem wir klar unterscheiden und ähnlich Klingendes ja nicht miteinander verwechseln, weder beim Vortragen noch beim Zuhören. 

Interessant: 

  • unterscheiden = diakritisch sein (aus dem Altgriechischen)
  • durcheinanderwerfen = diabolisch sein (aus dem Altgriechischen) 

Gabriele Krone-Schmalz investiert also ganze sechs Minuten ins Klären von Voraussetzungen ihrer Ausführungen, von Begriffen und von Unterscheidungen. 

Sie findet nämlich: Unterscheidungen sind entscheidend. Ihr Investment macht sich bezahlt. Man spürt, sie ist geprägt von den altbewährten Tugenden des klassischen Journalismus.

Profis priorisieren Präzision

Ich teile ihre Auffassung. Nur wer unterscheiden kann, kann gut, d.h. intellektuell redlich, zielführend, sinnvoll, wirkungstark und vollmächtig reden. 

Und nur wer unterscheiden kann, kann auch gut zuhören. „Prüft aber alles und das Gute behaltet.“ (Paulus, 1.Thessalonicher 5,21) 

Die für die Kommunikation entscheidenden Sätze habe ich für Sie transkribiert. Zeitangaben (TC) beziehen sich auf das Video unten, das freilich die ganze Rede zeigt. 

Gabriele Krone-Schmalz ist am Wort:

TC 2:03: Und schließlich: Was ist mit den Medien? Mit der Berichterstattung? Welche Rolle spielt die Sprache? Die Wortwahl? Das Messen mit zweierlei Maß? 

Das bezieht sich im übrigen nicht nur auf das Thema Rußland und die Ukraine. Das zieht sich durch alle Bereiche durch. 

Achten Sie doch mal darauf, in welchem Umfeld es ‚Atomkraft‘ und wann es ‚Kernenergie‘ heißt. Oder wie unterscheiden sich eigentlich ‚Schleuserbanden‘ von ‚Fluchthelfern‘? Wie ist das mit ‚Rebellen‘ oder ‚Terroristen‘ auf der einen Seite und ‚Freiheitskämpfern‘ auf der anderen?

In dem Zusammenhang spielt auch die Umwidmung von Begrifflichkeiten eine Rolle. 

Ein ‚Rußlandversteher‘ war zu Zeiten der neuen deutschen Ostpolitik Ende der 60-er, Anfang der 70-er Jahre des vorigen Jahrhunderts in Regierungskreisen eher etwas Positives. Heute? Heute wird ‚Rußlandversteher‘ abschätzig gebraucht und dient dazu, das, was derjenige sagt, von vornherein undiskutabel zu  machen. 

Oder nehmen Sie als letztes Beispiel in dieser Reihe das Wort ‚Querdenker‘. Ich kann mich noch gut an Zeiten erinnern, als dieser Begriff bei Stellenausschreibungen ein Qualitätsmerkmal war. Heute ist dieser schöne Begriff verbrannt. TC 3:38

TC 5:05: Ich versuche halt nur, Interessen auf den Grund zu gehen und mir nicht von vorgeschobenen humanitären oder moralischen Deckmäntelchen die Sicht vernebeln zu lassen. Mit anderen Worten: Dinge, so gut es geht, zu verstehen – im Sinne von ‚begreifen‘. 

Und das gilt natürlich auch für Rußland: etwas verstehen, etwas begreifen zu wollen. Und das muß nicht automatisch ‚Verständnis haben‘ bedeuten. 

Und etwas ‚erklären‘, ‚analysieren‘ hat auch nichts mit ‚rechtfertigen‘ zu tun; das sind zwei verschiedene Dinge. 

Genug davon und bitte nehmen Sie das zur Kenntnis und vergessen es auch möglichst während der weiteren Ausührungen nicht. TC 5:47 
Werte Leser! Ich verweise auf einen ähnlichen Artikel von mir aus 2023. Damals habe ich auf den entscheidenden Unterschied zwischen vergleichen und gleichsetzen hingewiesen. Sie finden ihn hier.

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